Was das Schlagwort Industrie 4.0 wirklich an Veränderungen für den Industriestandort Deutschland mit sich bringt, ist noch gar nicht absehbar. Darin waren sich die Teilnehmer des Teamwork Forums mit IG-Metall-Vorstand Dr. Detlef Gerst und Arbeitswissenschaftlerin Prof. Dr. Angelika C. Bullinger einig. Veränderungsbedarf gibt es aber schon heute: Auf die Anforderungen älter werdender Belegschaften muss eingegangen werden und neben dem eigentlichen Produkt sind begleitende Services und Dienstleistungen für den Erfolg eines Industrieunternehmens von größter Bedeutung.
Weil es für junge Menschen kaum vorstellbar ist, sich altersbedingte Einschränkungen vorzustellen, setzt die Arbeitswissenschaftlerin Bullinger-Hoffmann den Alterssimulationsanzug Max ein – und testet, was warum länger dauert oder schwieriger ist. Die Daten werden per Videoanalyse, mit Fragebögen und über Körperfunktionswerte erfasst und ausgewertet. Ergebnis: Vor allem mit gebeugtem Rumpf und bei Überkopfarbeiten sind (künstlich) gealterte Mitarbeiter deutlich langsamer. „Auf diesen Ergebnissen lässt sich aufbauen“, sagte Frau Prof. Bullinger-Hoffmann. „Es geht für die Wirtschaft darum, Fertigungsprozesse und Fügeschritte so zu organisieren, dass sie eben nicht nur von 20- oder 30-Jährigen ausgeführt werden können. Wem das gelingt, der hat einen Vorteil im Wettbewerb.“
Neben der Professorin aus Chemnitz diskutierten im Rahmen des Fachforums eine ganze Reihe weiterer Fachleute unter Leitung von Moderator Ulf Tietge: Peter Güthoff, Abteilungsleiter der Elektronikfertigung bei der Integ in Bad Driburg, berichtete über gelebte Inklusion im industriellen Umfeld und der Manager Jürgen Mittmann vom Druckmaschinenhersteller Heidelberg erläuterte, warum Ergonomie ein echter Wettbewerbsvorteil ist. Dr. Detlef Gerst aus dem Vorstand der IG Metall wiederum fasste die Positionen und Ansichten von Deutschlands größter Industriegewerkschaft mit Blick auf Industrie 4.0 zusammen. Das Teamwork Fachforum bot damit auch bei seiner siebten Auflage ein interessantes Programm, weswegen Experten aus der ganzen Bundesrepublik zu der gemeinsamen Veranstaltung der Firmen Bimos (Arbeitsstühle), Karl (Arbeitsplatzsysteme) und Waldmann (Lichtsysteme) nach Heidelberg gereist waren.
Peter Güthoff brach eine Lanze für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung: Wenn es beispielsweise um Routineaufgaben geht, sind Autisten unschlagbar. „Immer wieder die gleichen Dinge mit allergrößter Sorgfalt überprüfen – das können Menschen ohne Handicap gar nicht leisten“. sagte Güthoff. Dennoch hätten nach wie vor viele Unternehmen Berührungsängste und scheuten sich davor, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Güthoff warb dafür, Beratungsangebote wie Job Carving oder die deutschlandweit vertretenen Integrationsfachdienste zu nutzen: „Es geht darum, die individuellen Stärken eines Mitarbeiters als Grundlage einer für beide Seiten gewinnbringenden Zusammenarbeit zu erkennen und zu nutzen.“
Bei der IG Metall in Frankfurt ist Industrie 4.0 natürlich Chefsache. Vorstand Dr. Detlef Gerst offenbarte den Teilnehmern des Teamwork Forums gleichzeitig, dass eindeutige Trends aktuell gar nicht vorhersehbar seien: „So viel man zu diesem Schlagwort in den Medien auch lesen mag – die Vision einer voll entfalteten Industrie 4.0 betrifft eine weit entfernte Zukunft.“ Beobachten lasse sich jedoch eine Beschleunigung von technologischen Entwicklungen, die weitgehend in der Phase der Industrie 3.0 begonnen wurden, als Roboter noch spezialisierte Unterstützer waren und eben keine „intelligenten“ Generalisten. Diese Veränderungen sieht die Gewerkschaft als Etappen zur Industrie 4.0, die bereits mit weitreichenden Veränderungen von Arbeit verbunden sind. Unternehmen und Belegschaften sind daher aufgefordert, schon jetzt Szenarien zu durchdenken – denn sicher gebe es durch die Veränderung industrieller Arbeitsplätze sowohl Gewinner als auch Verlierer.
Für die Heidelberg AG, den Weltmarktführer bei Offset-Druckmaschinen für Magazine und Kataloge, spielen Ergonomie und Automatisierung eine wichtige Rolle. Internetbasierte Remote Services verbinden die Experten des Druckmaschinenherstellers mit mehr als 10.000 Druckmaschinen in 50 Ländern. Egal ob in Buenos Aires oder in Barcelona etwas hakt – die Deutschen können per Ferndiagnose helfen, erläuterte Manager Jürgen Mittmann. Zudem eröffnet das Internet den Heidelbergern neue Geschäftsfelder: Online-Druckereien zum Beispiel sind darauf angewiesen, immer über die allerneuesten und effizientesten Druckmaschinen zu verfügen. Nur so können sie in einem vom Preis dominierten Wettbewerb bestehen. Moderne Druckmaschinen sollen in Standardeinstellungen so einfach zu bedienen sein wie eine gute Digitalkamera – gleichzeitig aber muss man Spezialisten alle Einstellungsmöglichkeiten dieser Welt für nicht automatisierbare Arbeitsschritte anbieten. Mittmann: „Sie können sich das ein bisschen vorstellen wie bei einem Lenkrad im Formel-1-Auto mit sehr vielen Knöpfen. Da kommen wir her. Für die Zukunft schweben uns dagegen Autos vor, die sich selbst steuern und ganz einfach sicher zu bedienen sind.“
Hintergrund Teamwork Forum:
Das Teamwork Forum Arbeitsplatzgestaltung ist eine Initiative der Unternehmen Bimos, Karl und Waldmann. Das Produktportfolio der Marktführer in den Bereichen Tisch, Stuhl und Licht bildet die Grundlage für ergonomische Arbeitsplatzgestaltung in den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen. Die drei Unternehmen, die im eigenen Hause fertigen und entwickeln, sind nahe am Markt und an den Bedürfnissen im Arbeitsalltag.
Hintergrund Bimos
Bimos ist führender Hersteller von Arbeitsstühlen in Europa. Seit Jahrzehnten konzentriert sich das Unternehmen darauf, spezielle Sitzlösungen für Arbeiten fernab des Schreibtisches anzubieten. Als Marke von Interstuhl, dem Spezialisten für Bürostühle, blickt Bimos auf eine mehr als 40-jährige Entwicklungs- und Fertigungserfahrung zurück.
Hintergrund Karl
Die moderne Forschung weiß längst, dass ein Arbeitsplatz mehr ist, als ein Platz an dem gearbeitet wird. Durch die bedarfsgerechte Konzeption und Gestaltung der Plätze, an denen Menschen täglich ihre Arbeitsleistungen vollbringen, lassen sich Effizienz und Sicherheit nachhaltig steigern.
Als traditionsreiches Familienunternehmen hat Karl nicht nur langjährige Erfahrung in diesem Bereich. Mit rund 140 Mitarbeiten verfügt das Unternehmen über umfassendes Know-how und leistungsfähige Produktionskapazität.
Hintergrund Waldmann
Seit gut 50 Jahren entwickelt Waldmann Beleuchtungskonzepte für die unterschiedlichsten Branchen und Einsatzgebiete. Immer unter dem Gesichtspunkt, einen Mehrwert hinsichtlich Produktivität, Sicherheit, Gesundheit und Energieeinsparung zu sichern. Mit diesem Erfahrungsschatz ist Waldmann einer der technologischen Wegweiser der Branche. Das Produktportfolio umfasst Beleuchtung für den Arbeitsplatz in allen Branchen und Einsatzgebieten.